Das Schulhaus in der Hofstatt

Es war in den letzten Oktobertagen des Jahres 1820, als das „königliche Landgericht“ Wasserburg ein Schreiben der „Regierung des Isarkreises“ erhielt, das in der Stadt Freude auslöste, brachte es doch die Genehmigung für den Bau eines Schulhauses.

In der Hofstatt sollte es „aus dem alten Fleischhause“ entstehen, das sich „in einem äußerst ruinösen Zustand“ befand. Es wurde sogar „stündlich der Einsturz des Dachstuhls“ befürchtet.

Nun konnte man an die Arbeit gehen und aus dem lange zeit ungenutzten Gebäude „ein ganz zweckmäßig geräumiges und schönes Schulhaus herstellen“, wie es in dem Schreiben hieß, „womit sich die Kommune Wasserburg auch für die künftigen Generationen verdient“ machen würde.

Ein lang gehegter Wunsch ging damit in Erfüllung. Stadtschreiber Heiserer hatte ihm bereits in einem Vortrag am 17. April 1820, „ die Herstellung eines Schulhauses für Wasserburg betreffend, gehalten in Senatu civico“, Ausdruck verliehen.

„Schon seit vielen Jahren“, sagte der hohe städtische Beamte damals, „ ist es das vorzügliche Streben hiesiger verdienstvoller Männer, der Stadt Wasserburg ein eigenes Schulhaus zu geben und somit einem der Hauptbedürfnisse zur Bildung unserer Jugend abzuhelfen“.

Er sprach mit diesen Worten nicht nur den Lehrkräften, sondern einem großen Teil der Bürgerschaft aus dem Herzen.

Auch die Regierung stellte „im Namen seiner Majestät, des Königs von Bayern“ fest, dass „die Schulangelegenheiten der Stadt Wasserburg in Bezug auf Personal und Gehalt (gemeint sind die Aufgaben) vollkommen reguliert sind, und den Stadtschulen nur noch ein geeignetes Lokal mangelt“.

Die Raumnot war in der Tat erheblich. 190 Schüler und Schülerinnen bildeten die 1. Klasse, in der mehrere Altersjahrgänge zusammengefasst wurden. Zwei solche Klassen gab es, dazu kamen noch eine Lateinschule, eine „Höhere Bürger- und Musikschule“, eine „weibliche Arbeits- und Zeichnungsschule“ sowie eine „Feiertagsschule“, die ebenfalls Platz brauchten.

Mit dem Ausbau des ehemaligen Fleischhauses zum Schulgebäude in knapp einjähriger Arbeit wurden die Probleme wenigstens teilweise gelöst.

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Am 12. Oktober 1821, dem Namenstag des Königs, feierte Wasserburg die Weihe des Hauses. „Nach stattgehabter Tagreveil und aufgestellter Parade des Bürgermilitärs“ versammelten sich die Schulkinder mit ihren Lehrern, „die Herrn Beamten und Honorationen um 7:30 Uhr in den angewiesenen Zimmern des neuen Schulhauses“. Von dort ging es zur Pfarrkirche Sankt Jakob, wo alle einem Hochamt „samt einem Herr Gott dich loben wir“ beiwohnten. Die weltliche Feier veranstaltete man im Rathaus. Es wurde eine Festrede gehalten, umrahmt von Ouverture, Recitativ, Arioso und Chor. Letzterer sollte der Feierlichkeit in „stillen, angenehmen, leichtschwebenden Tönen“ angemessenen Ausdruck verleihen. Ob dies gelungen ist, geht aus den Aufzeichnungen im Archiv der Stadt nicht hervor. Der Text des Werkes jedenfalls drückte allgemeine Dankbarkeit und Begeisterung aus. 

Er gipfelte in den Worten: 

„Das schönste Haus in jedem Staat Ist wohl der Schul geweiht, Hier keimt, hier blüht, hier wächst die Staat, Durch die die Welt gedeihet.“

Es muss eine beeindruckende, zu Herzen gehende Feier gewesen sein; Wasserburg hatte sein erstes richtiges Volksschulhaus.