Seit 1855, als die Englischen Fräulein in Wasserburg eine Niederlassung gründeten, gab es für die Schulkinder der alten Kleinstadt eine Knaben- und eine Mädchenschule. Das sollte sich erst 114 Jahre später ändern.
Mit dem Schuljahr 1969/70 erfolgte die Umorganisation der Volksschule in eine Grundschule (Klassen 1 – 4) und eine Hauptschule (ab Klasse 5). Von da an wurden Mädchen und Buben wieder gemeinsam unterrichtet, und zu den bisher 8 Volksschulklassen gesellte sich das 9. Pflichtschuljahr mit dem Angebot, sich zum Schuljahresende einer Leistungsfeststellung zu unterziehen und so den Qualifizierenden Hauptschulabschluss zu erwerben.
Zufällig trafen die Fertigstellung des Schulhauses am Klosterweg und der Beginn einer großangelegten Volksschulreform zusammen.
Schüler und Lehrer mussten sich auf neue Gegebenheiten einstellen und sich mit neuen Lerninhalten, Lehrplänen und Lernbüchern vertraut machen.
Schulbusse brachten die Hauptschüler der siebten, achten sowie neunten Klassen aus den Gemeinden Attel-Reitmehring, Babensham und Soyen und aus angrenzenden Schulsprengelgebieten nach Wasserburg zum Klosterweg.
Die einzelnen Schülerjahrgänge wurden nun jeweils mehrzügig geführt. Diese Mehrzügigkeit brachte eine bessere Ausnützung der Lehrmittel und Geräte, die Möglichkeit des verstärkten Einsatzes von Fachlehrkräften, großzügigere Differenzierungsmaßnahmen und eine Verbesserung im Kursangebot.
Über 500 Schülerinnen und Schüler hatten die Lehrkräfte in den Anfangsjahren der Wasserburger Hauptschule zu betreuen. Später ging die Schülerzahl zurück und pendelte sich auf den Bereich zwischen 300 und 400 Schülern ein. Gründe dafür waren der allgemeine Geburtenrückgang, eine Änderung des Schulsprengels (Albaching und Grünthal wurden anderen Schulsprengeln zugeordnet) und die zunehmenden Übertritte an das Gymnasium bzw. die Realschule.
Neu war das Fach „Arbeitslehre“, eine kombinierte Berufs- und Wirtschaftskunde mit einem beigeordneten Kanon von praktischen Fächern. Betriebserkundungen gehörten von Anfang an dazu, später auch Markterkundungen, Betriebspraktika und die Zusammenarbeit Hauptschule/Berufsschule.
Das Fach „Rechnen und Raumlehre“ hieß nun „Mathematik“. Der Lehrplan enthielt neben den bisherigen, am Arbeitsleben orientierten Bezügen auch Anforderungen, die das logische und abstrakte Denken der Schüler in höherem Maße forderten.
Englisch wurde zum Pflichtfach bzw. Wahlpflichtfach.
In den Folgejahren ergänzte man das Fächerangebot. Die „Arbeitslehre“ erfuhr eine Ausweitung, „Erziehungslehre“, Neigungskurse im „Differenzierten Sport“ und „Informatik“ vervollständigen das Programm.
Die Unterrichtsinhalte passten sich der wissenschaftlichen, technischen, gesellschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung an. Organisatorische Reformen und eine Fortschreibung der Schulgesetze und Vorschriften hat der Chronist außerdem zu verzeichnen.
Das Kultusministerium betraute die Hauptschule Wasserburg mit zwei Schulversuchen und berief den Leiter der Schule in eine Arbeitsgemeinschaft zur „Weiterentwicklung der Hauptschule“ am Institut für Schulpädagogik und Bildungsforschung in München.
Auch Fortbildungsveranstaltungen zu Inhalten des Fachs „Arbeitslehre“ führte die Leitung der Hauptschule Wasserburg an verschiedenen Schulorten und an der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen durch.
Zahlreiche „Lehramtsanwärter“ wurden an der Schule betreut und legten hier den praktischen Teil ihrer zweiten Staatsprüfung ab.
In den letzten Jahren stellte das Kultusministerium jeweils Schwerpunktthemen, die besondere Berücksichtigung im Unterricht und auch außerhalb davon finden sollten.
Das Schwerpunktthema „HEIMAT“ fiel mit dem 850-jährigen Jubiläum der Stadt Wasserburg zusammen. Eine Ausstellung, ein Schulfest, Theateraufführungen, die Teilnahme an einem „Straßenatelier“ und die Übergabe eines Keramikreliefs sowie eines Zinnfiguren-Schiffszugs, beides Schülerarbeiten, waren vielbeachtete Beiträge der Schule.
Zur Zeit ist das Schwerpunktthema dem Europagedanken gewidmet.
Für ihr Projekt „Schüler stellen europäische Länder vor“ erhielt die Hauptschule Wasserburg einen Preis des Kultusministeriums, der von Herrn Staatsminister Zehetmair und Herrn Staatssekretär Böhm in München überreicht wurde. Eine Einladung an die Schule zum Staatsempfang anlässlich des Europatages in die Staatskanzlei folgte.
Auch früher schon hatte es für Aktivitäten von Lehrkräften und Schülern Preise gegeben. So für die Schulzeitung „KLÄCKS“, für einen Zeichentrickfilm, für Schülerarbeiten, überörtliche Sportwettkämpfe und herausragende Sammelergebnisse des Jugendherbergwerks.
Nicht unerwähnt darf bleiben, das sich die Schule mit sozialem Engagement, mit der Aktion „Rettet den Aussichtsturm“, mit Veranstaltungen unterschiedlicher Art und der Teilnahme an Umweltschutz-Aktionen Verdienste erworben hat, ebenso wie durch ein Mundartprojekt, das in Zusammenarbeit mit anderen Schulen noch weitergeführt wird.
Ausstellungen von Schülerarbeiten, jeweils begleitet von einem attraktiven Rahmenprogramm, religiöse und weltliche Feiern, Theateraufführungen, Spielfeste, Sportwettkämpfe, Wintersporttage, Schikurse, Wanderungen und Fahrten, kulturelle Veranstaltungen, Faschingspartys, Schullandheimaufenthalte usw. prägten das sogenannte Schulleben und setzten positive Akzente.
Den erziehlichen Aufgaben wurde breiter Raum gegeben.
Trotz aller Erfolge: Es ist schwieriger geworden, Kinder zu unterrichten. Die Ursachen sind bekannt; Reformen zeichnen sich ab. Gleichgeblieben ist durch die Jahre mit Sicherheit das Bemühen aller Beteiligten um eine bestmögliche Förderung der Schülerinnen und Schüler.