Lernen auf Distanz oder vom Pult zum YouTube Star – mit leider kaum Klicks

Das Drehen von YouTube Videos gehörte bis dato zu den Dingen, die wir bisher auf keinen Fall in unserem Leben tun wollten. Aber nun scheint die Zeit reif, die Umstände erfordern vollen Einsatz und Kreativität.

Während wir in Woche eins noch vier Anläufe brauchten, sind wir in Woche sechs fast schon so routiniert wie einer dieser sogenannten Influencer*innen. Zumindest in unseren Augen. Klüger sind wir auch schon geworden. Nach einer Anzeige wegen Urheberrechtsverletzung - im Hintergrund des Sportvideos lief Musik - gibt es nun außer unseren Stimmen keine motivierenden Klänge mehr. Zu Ostern wünschen wir uns auch nicht das obligatorische Parfüm, sondern ein Ringlicht. Wir geben die Hoffnung nicht auf, in einer der Videokonferenzen doch noch frisch und vital auszusehen und wir haben gehört, so ein Licht soll wahre Wunder bewirken. Das ist nur ein kleiner Auszug unseres neuen Alltags.

Jeder von uns ist Lehrer*in geworden, um mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu kommen, sie zu begeistern, gemeinsam zu lernen, erleben, entdecken und Spaß zu haben.

Kaum einer hat je zu träumen vermocht, dass wir einmal mehr Zeit vor dem Computer verbringen würden, als vor unseren Klassen. Dabei ist eine der größten Herausforderungen keinen unserer Schützlinge zu verlieren. Aber wie?!

Nachdem nach der ersten Woche alle Schüler*innen mit Leihgeräten ausgestattet wurden, dachten wir – ab jetzt gehts bergauf. Aber, wir leben immer noch auf dem Land in Bayern. Nicht jeder hat Zugang zu einem guten Netz, nicht jeder Datenvolumen, das für alle Kinder bis zum Ende des Monats ausreicht, nicht jeder so ein stabiles Netz, dass alle an den diversen Videocalls teilnehmen können und selbst bei uns brach immer wieder das Internet im Haus zusammen. Kein Wunder, wenn zwei Eltern im Netz hängen und auch die Sprösslinge im Onlineunterricht sind. Die Bambusleitungen nun selber ausgraben und moderne Glasfaserleitungen zu verlegen, selbst das kam uns in manch verzweifelter Situation in den Sinn.

So betreiben wir neben einem YouTube Kanal auch noch ein Callcenter, schreiben in diversen Chats parallel, das Handy in der Hand ist kaum mehr wegzudenken und das alles, um am Ende doch noch ein wenig das zu tun, warum wir Lehrer*innen geworden sind – nämlich unterrichten, in Kontakt bleiben, begeistern.

In den vergangenen Wochen haben wir richtig viel gelernt, die Pandemie hat uns dazu gezwungen und das war und ist wirklich positiv. Nachdem wir aktuell zwei Follower haben und noch nie auf mehr als 20 Clicks gekommen sind, haben wir doch eingesehen, dass wir hier nicht Fuß fassen werden.

Umso mehr freuen wir uns auf den Moment, wenn wir nicht mehr bleich vor unserem Computer sitzen und auch das Handy nicht mehr an unseren Händen klebt und wir endlich wieder mit unseren Schüler*innen das Leben in der Schule gestalten können. Dann haben wir ihn endlich wieder - unseren Traumberuf.

 

…mit leider kaum Klicks…

 

Autorinnen: Ana Ippendorf & Barbara Golla– Lehrerinnen