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Am 1. September des Jahres 1911 fand eine für die Schulkinder der Kleinstadt Wasserburg wichtige Sitzung des Magistrats und einiger Vertreter „der mit Teilen zum Schulsprengel Wasserburg gehörenden Gemeinden Attel und Penzing“ statt. Die „Neuerrichtung eines Mädchenschulhauses“ wurde beraten und gebilligt.
Schon vier Tage später legte man dem „Königlichen Bezirksamt“ die Pläne vor und empfahl als Grundstück den Exerzierplatz am Gries. „Hinsichtlich der Eignung zum Schulbetriebe dürfte auch gegen den Bauplatz eine Erinnerung nicht bestehen und könnte höchstens die Lage wegen der Nähe des Flusses vielleicht Bedenken auslösen“, schrieb Bürgermeister Ertl dazu.
Die Bedenken wurden zerstreut, Regierung und Bezirksamt erklärten sich nach einigen Änderungswünschen hinsichtlich der Pläne einverstanden, und der Magistrat der Stadt teilte die Hoffnung des Bürgermeisters, dass mit dem Neubau „die nun schon eine Reihe von Jahren fort geschleppten Misslichkeiten in Bezug auf die Schullokale am besten überwunden werden können, zugleich unter Berücksichtigung der Schul-, wie der Gemeindeinteressen und in Dauer verbürgender Weise“.
Das Mädchenschulhaus am Gries wurde nach den Plänen des Stadtbaumeisters Schwarzenberger gebaut, wobei man sich im „Kollegium der Gemeindebevollmächtigten“ Gedanken machte, ob die alte Turnhalle zum neuen Gebäude passt und was wohl wäre, wenn man auf dem danebenliegenden Grundstück des Abspacher-Anwesens eine Knabenschule errichten würde.
Die Arbeiten sollten weitgehend von Wasserburger Handwerkern durchgeführt werden, und der „verehrliche Gewerbe - Verein“ erhielt den Auftrag, die Materialien hier am Ort einzukaufen.
Die Firma Stadler bot daraufhin auch umgehend den „Vorhangstoff Natte“ zum Preis von 2,30 Mark/m bei 160 cm Stoffbreite an und ersuchte „höflich um gütige Berücksichtigung“. Die Qualität des Stoffes scheint gut gewesen zu sein: Ein reißfester Musterabschnitt liegt heute noch in den Akten.
Auch damals gab es beim Bauen offensichtlich schon dann und wann Ärger. Das bezeugt ein Schreiben des Stadtbaumeisters an den Magistrat, in dem dieser darüber klagt, dass noch keiner der Schreinermeister einen Musterfensterstock habe, „weil der Termin 15. Februar sehr nahe ist“. Einer der beteiligten Schreinermeister hatte jedoch bereits mehrere Fensterstöcke hergestellt, die „derartige Fehler“ hatten, „dass sie nicht abgenommen werden" konnten.
Zahlreiche Änderungswünsche des „Bayerischen Vereins für Volkskunst und Volkskunde“ hinsichtlich der Fassadengestaltung fanden wenigstens teilweise Berücksichtigung.
Auf herbe Kritik stieß eine besondere Vergütung in Höhe von 2,5% der Bausumme (etwa 2000 Mark), die der Stadtbaumeister für die Bauleitung vom Magistrat zugesprochen erhielt. Die Angelegenheit veranlasste den „Bürger- und Hausbesitzerverein Wasserburg e. V.“ immerhin zu einer offiziellen Anfrage.
Trotz solcher und ähnlicher Widrigkeiten gedieh das Werk. Am 12. August 1913 schrieb Bürgermeister Ertl an die „Königliche Lokalschulinspektion“. „Der Neubau des Mädchenschulhauses, das in Gemäßheit der schulaufsichtlichen Pläne ausgeführt wurde, neigt sich der Vollendung zu, wenn auch zur Eröffnung des Schulbetriebes selbst noch Beschaffungen von Einrichtungsgegenständen notwendig sind“.
Der Zeitpunkt für die Feierlichkeiten zur Einweihung – vorgesehen war der 25. August, der Tag des „Allerhöchsten Namensfestes“ – stieß allerdings auf den „heftigsten und leidenschaftlichsten“ Widerspruch des geistlichen Lokalschulinspektors Schreiber, der den Sonntag vor Schulbeginn als Einweihungstag vorschlug, da er im August im Urlaub und insgesamt verschnupft war, weil man ihn schon bei der Planung zu wenig gefragt hatte.
So wurden zwei Feiern zu Eröffnung des Schulhauses durchgeführt, eine am 25. August 1913 ohne und die andere am 7. September mit Lokalschulinspektor.